DREI AUS KÖLN / 6.9.2024 / 18 00 – 21 00 / GALERIE MAXWEBERSIXFRIEDRICH

EXHIBITION

Andreas Schulze
Philip Emde
Marco Zumbé

Opening Reception:
September 06, 2024 18 00 – 21 00
Exhibition: September, 07 – November 01, 2024
Galerie MaxWeberSixFriedrich
Amalienstrasse 45, 80799 München

Mit Drei aus Köln freut sich die Galerie MaxWeberSixFriedrich neue Malereien und Keramikarbeiten der drei Kölner Künstler Andreas Schulze, Philip Emde und Marco Zumbé in München präsentieren zu können.
Der Ausstellungstitel mag lapidar klingen. In seiner scheinbaren Direktheit beschreibt er aber treffend den Ton der Werke und ist zugleich insofern irreführend als die Arbeiten weit mehr verbindet als ihre Herkunft. Die ungewöhnlichen, menschenleeren „Landschaften“, Fenster- oder Vorhangbilder von Andreas Schulze, Philip Emdes gemalte Ausschnitte seiner überbordenden Steifftiersammlung und Marco Zumbés Keramiken und Malereien von Küchentüchern verdichten sich zu einem vielstimmigen Bild von Interieur, Dingwelt und Erinnerungsmomenten.

Andreas Schulze (*1955) zieht die Aufmerksamkeit der Betrachter*innen zunächst durch seine großformatigen und eigentümlichen Bildwelten auf sich, die zwischen Abstraktion und Figuration oszillieren. Ohne Titel (Moonraker) wirkt dunkel und unheimlich. Der Blick ins Bild wird zunächst von einem zweifach geknickten Rohr verstellt, im Hintergrund ist eine gelbe Leuchte zu sehen, neben einer Holztür und einer Nebelschwade.

In zwei weiteren Malereien gibt ein Vorhang als wiederkehrendes Motiv den Blick auf eine Bühnensituation bzw. ein Fenster teilweise frei. Auch seine Fensterbilder, die einen Ausblick zulassen, bleiben gestaltlos und damit interpretationsoffen. Oder handelt es sich tatsächlich um einen Blick in den Himmel über Unterföhring oder dem Stachus, wie die Titel suggerieren? Schulze knüpft an die Traditionen von Trompe-l’oil und Fensterbildern der Kunstgeschichte an und übersetzt diese in seine humorvolle und mitunter ironische Bildsprache. Diese wird im Wintersportbild besonders sichtbar, in dem ein kleiner, eigenartig futuristischer Förderkorb an einer groben Gliederkette über weißen Zuckerhüten schaukelt. Ob es sich um ein winterliche Landschaftsdarstellung oder doch eine Modelllandschaft handelt, überlässt der Künstler den Betrachtenden.

Einen Gegenpol zu den eigenartig leeren Bildern schaffen die figurenreichen Einblicke in Philip Emdes (*1976) Steifftierkosmos. Wie übersichtliche Stillleben oder Porträt-Aufnahmen sind Affen, Dackel, Elefanten und andere Tierfiguren vor monochrom leuchtenden Farbfeldern oder aber als Teil eines dichten malerischen Geflechts zu sehen, aus dem sich die einzelnen Figuren erst bei genauer Betrachtung herausschälen lassen. Manche der einst geliebten Begleiter und Seelentröster blicken die Betrachtenden direkt an und schaffen, unterstützt durch die kräftige Farbpalette, eine emotionale Einbindung des Gegenübers. Emde gelingt es, Kindheitserinnerungen zu reaktivieren, auch – oder gerade weil – die Figuren mit raschem Pinselstrich ausgeführt oder teilweise angeschnitten sind. Wie eine flüchtige, aber dennoch präzise Umschreibung einer Gefühlswelt, die in der rationalen Erwachsenenwelt nur selten an die Oberfläche gespült wird.

In den großen, mehrteiligen Tableaus, in denen der Künstler eine überbordende Fülle von Plüschtieren und damit verbundenen Erinnerungen umd Emotionen zeigt, werden die Betrachtenden gleichsam in diese Bildwelt eingetaucht. Dagegen fungieren die in dieser Ausstellung gezeigten Momentaufnahmen wie ein Ausschnitt oder ein Blick mit dem Brennglas in Philip Emdes vielschichtigen Kosmos sowie in die Erinnerungswelt des Gegenübers.

Vervollständigt wird die Ausstellung durch die Keramiken und Malereien von Marco Zumbé (*1975). Ausgehend von früheren Arbeiten, in denen Zumbé Oberflächen und Alltagsgegenstände des Interieurs untersuchte, widmet er sich hier dem Küchentuch und seiner Verwendung bzw. seinem unterschiedlichen Bild je nach „Aggregatzustand“. Auf einem fein säuberlichen Stapel karierter Tücher liegt ein weiteres loses Tuch – ebenfalls aus Keramik – locker auf und reicht an einer Seite auf den Boden; ein helles Tuch hängt neben dem Ausschnitt einer gefliesten Wand; weitere sind als farbige Solitäre in der Galerie platziert. Das Spiel mit dem Trompe-l’oil, das sich auch in Schulzes Vorhangbildern findet, spinnt Zumbé in diesen Arbeiten weiter. Dabei interessiert ihn nicht so sehr eine möglichst genaue Wiedergabe. Die eher grobe, aber möglichst treffende Annäherung an das klassische Erscheinungsbild eines solchen Gebrauchsgegenstandes bezieht vielmehr “Fehler”, Sprünge oder Risse sehr bewusst ein.

In den beiden Leinwandarbeiten Been There Done That und Footsteps kehrt der Künstler in die Zweidimensionalität zurück und zeigt scheinbar achtlos hinterlassene Küchentücher als pure Malerei und Momentaufnahmen einer Alltagssituation. Auch hier geht es Zumbé um das Verhältnis von Raum, Linie und Fläche – womit er sich den klassischen Fragen der Malerei anschließt und dafür seine persönliche Bildsprache und typenhafte Objekte im Gleichgewicht von Abstraktion und Figuration findet.

Erweitert um den Aspekt der Invention könnte dieser Dreiklang – Abstraktion, Figuration, Invention – als das verbindende Moment der Drei aus Köln genannt werden. Während Schulze die Rahmenbedingungen des Raumes auf eigene Weise formuliert, Emde den Fokus auf nicht sichtbare Erinnerungen legt und Zumbé Gebrauchs- und Ausstattungsgegenstände in den Mittelpunkt rückt, gelingt es ihnen auf unterschiedlichen Ebenen die Charakteristika von Interieur und alltäglichen Objekten oder sehr persönlichen Momenten ins Bild zu setzen.

Für die Galerie ist diese Ausstellung zudem ein humorvoller Rückblick auf die mehr als vier Jahrzehnte zurückliegende Schau Fünf aus Köln (1982), in der neben Andreas Schulze die noch jungen Neuen Wilden Walter Dahn, Jiri Georg Dokoupil, Gerard Kever und Stefan Szczesny in München zu sehen waren und so die lebendigen Strömungen der zeitgenössischen Szene der 1980er Jahre aus Köln präsentieret werden konnten.

Text: Friederike Schuler